Warum fermentiert man eigentlich Kakao?
Unser neues Fermentationszentrum und der Prozess der Fermentation.
Derzeit sprechen sehr viele Menschen über Fermentation. Viele von uns kennen Fermentation auch noch vom Sauerkraut und von anderen Produkten. Welche Rolle die Fermentation beim Kakao spielt, was genau dabei passiert und warum wir uns entschieden haben eine eigene Fermentation aufzubauen das erfahrt ihr hier.
Eine gute Fermentation ist von entscheidender Bedeutung für den Geschmack und den Charakter der Kakaobohnen, des Zeremonialkakao und der Schokolade.
Bei Kakao ist die Fermentation der Bohnen in etwa, was beim Wein die Gärung ist. Durch den Fermentationsprozess wird das Geschmacksprofil und der Säuregehalt der Kakaobohnen beeinflusst. Und um ganz genau zu sein, wird nicht die innere Bohne fermentiert, sondern das Fruchtfleisch, welches die einzelne Kakaobohne umhüllt.

Warum fermentiert das Fruchtfleisch?
Solange sich das Fruchtfleisch innerhalb der Kakaofrucht befindet, ist es steril. Sobald die Kakaobohnen samt saftigem Fruchtfleisch jedoch aus der Schote entfernt wurde, finden natürlich vorkommende Hefen und Bakterien schnell ihren Weg in das süße Fruchtfleisch. Diese mikrobiellen “Impfstoffe” stammen aus der direkten Umgebung des Kakao. Wie bei anderen Fermenten auch, kommen die Bakterien beispielsweise von den Händen der Arbeiter, der Außenseite der Schote, vorbeifliegenden Insekten oder einfach aus der Luft. Bei einer “geplanten” Fermentation, die auf bestimmte Fermentationseffekte aus ist, kann aber auch ein speziell abgestimmter mikrobieller “Cocktail” mit ausgewählten Inhalten hinzugesetzt werden. Hört sich schlimmer an ist aber eigentlich im Moment das Auskleiden der Boxen mit Bananenblättern und / oder die Hinzugabe von Früchte wie Ananas, Bananen oder auch andere Früchte. Und das natürlich alles in Maßen.

Die zwei Phasen der Fermentation
Auch wenn es regionale Unterschiede gibt, ist der Prozess und die Abläufe, die bei allen Fermentationsmethoden ähnlich. Hierzu zählen beispielsweise die anaerobe und aerobe Phase. Diese werden jeweils durch unterschiedlichste Faktoren beeinflusst, wie der Reifegrad der Bohnen, die klimatischen Bedingungen, die Qualität der Kakaobohnen oder auch die Chargengröße. Wir fermentieren z.B die Bohnen in kleinen Fermentationskisten die ca. 25 KG fassen bis zu großen Kisten die 500 KG nasse Bohnen aufnehmen können.
Die anaerobe Phase
Anaerobe Bedingungen sind in einer Umgebung vorhanden, in der Sauerstoffmangel herrscht. Das Fruchtfleisch welches die Kakaobohnen dicht umgibt, bilden sie eine Art Barriere, die verhindert, dass Luft an die Bohnen dringt.
Die Bohnen vom Fruchtfleisch „abzulutschen“ ist ein wirklicher Genuss und dann noch den Fruchtsaft zu trinken. Herrlich.
Das saftige Fruchtfleisch besteht überwiegend aus Wasser, sowie einem hohen Zuckergehalt und verschiedenen Säuren. Die Kombination aus Säure und Zucker schaffen die perfekten Bedingungen für das Wirken der Mikroorganismen. Hierbei spielen insbesondere Hefen, Milchsäurebakterien und Fruchtfleisch-Enzyme eine wichtige Rolle.
Durch die anaerobe Atmung – die durch die Abwesenheit des Sauerstoffs entsteht – verbrauchen die Hefen die einfachen Zucker und produzieren Kohlendioxid, Ethanol und kleinere Mengen Energie. Die Milchsäurebakterien wiederum, wandeln Säure sowie Glukose (und andere Kohlenhydrate im Fruchtfleisch) in Milchsäure um. Öffnet man die Fermentationsbox in dieser Phase, kann man diese “Arbeit” unmittelbar an der Oberfläche beobachten. Auf der Kakao-Fruchtfleisch-Mischung blubbern und wabern kleine Kohlendioxidbläschen.
Die vorkommenden Enzyme helfen auch bei der Zersetzung des Fruchtfleisches und wandeln dieses in Flüssigkeit um. Sind die Zellstoffe – also das Fruchtfleisch – einmal abgebaut, kann mehr Luft in den Prozess einströmen. Gleichzeitig wird außerdem die Zitronensäure abgebaut, die ebenfalls mit dem Schweißwasser abläuft, wodurch der Gesamt-pH-Wert des Gärungsprozesses erhöht wird. Die erhöhte Luftzufuhr und der steigende pH-Wert läuten schließlich die aerobe Phase ein.

Jetzt wird es warm
Nun wird es bis zu 52 Grad warm. (Die heiße aerobe Phase)
Im Gegensatz zur anaeroben Phase, zeichnet sich die aerobe Phase dadurch aus, dass in der Umgebung Sauerstoff enthalten ist.
Wir schaffen diese Umgebung durch sogenannte „Turnings“. Die Bohnen werden alle 48 Stunden gewendet und damit wird ihnen Luft zugeführt. Nach dem zweiten „Turning“ wenden wir alle 24 Stunden. Nach 7 bis 8 Tagen ist dieser Prozess beendet. Durch das “Wenden” gelangt Sauerstoff an die Kakaobohnen. Je nach Fermentationsprofil, Fermentationsbox, Isolierung und Menge der zu fermentierenden Bohnen variiert der Einfluss des Sauerstoffs. Gleichzeitig führt das regelmäßige Wenden der Kakaobohnen dazu, dass der Fermentationsprozess bei der gesamten Charge gleichmäßiger wird. Den Erfolg der Fermentation prüfen wir, indem wir einen sogenannten Cut Test machen. Es werden 10 Bohnen zufällig aus der Box genommen, aufgeschnitten und dann anhand der Farbe überprüft. Wenn 9 von 10 Bohnen gut sind, dann sind wir sehr zufrieden.
Während der aeroben Phase wird es warm! Bis zu 52 Grad. Aus diesem Grund sprechen wir bei unseren Produkten auch nicht von Rohkost. In dieser Phase der Fermentatio dominieren die Essigsäurebakterien, welche Ethanol und Säuren oxidieren, um Essigsäure zu produzieren. Diese Essigsäure wird wiederum durch den zusätzlichen Sauerstoff weiter in Kohlendioxid und Wasser zerlegt.
Der Zersetzungsprozess des Ethanols ist der Grund warum Wärme freigesetzt wird. Je nach Fermentationsprofil werden die Kakaobohnen unterschiedlich häufig gewendet, Wärme entweicht, die Temperatur sinkt aber baut sich gleichzeitig durch die Sauerstoffzufuhr schnell wieder auf. Ziel dieses Vorgangs ist, durch die Kombination von Wärme und Diffusion von Säure und Ethanol, Zellwände abzubauen. Das ist übrigens der Grund, dass die Kakaobohnen nicht mehr keimen können. In diesem Schritt entwickeln sich die ersten Aromen des Kakao.

Unfermentierter Kakao für gute Schokolade?
Schokolade ohne Fermentation kann man machen, schmeckt (uns) aber nicht.
Unfermentierte, rohe Kakaobohnen schmecken uns einfach nicht. Sie sind sehr bitter. Der adstringierende Geschmack und die rötliche Farbe der frischen Kakaobohnen kommen von den enthaltenen Anthocyanen (Polyphenole). Durch die Fermentation – und später vor allem durch die Röstung der Kakaobohnen – nimmt der Polyphenolgehalt ab, wodurch die Geschmacksentwicklung gefördert wird.
Nachdem ihr jetzt einen kurzen Überblick über den Fermentationsprozess bekommen habt, versteht ihr sicher warum wir uns entschieden haben, diesen so zentralen Prozess für die Qualität des Kakao in die eigenen Hände zu nehmen.
Fermentation ist eine Wissenschaft für sich. Und genauso wie bei der Weinherstellung wo jeder Winzer seine ganz besondere Art hat seinen Wein herzustellen, ist es auch beim Kakao. Kein Edelkakao ist gleich. Jeder Kakao trägt die Handschrift des Fermentations Meisters. Bei uns ist das Don Cesario. Und in der Tat ist eine lange Erfahrung notwendig. Es ist eben mehr als nur rohe Kakaobohnen in Boxen zu füllen und ein paar Tage zu warten, ob sich etwas gutes einstellt.
In unserem Zentrum haben wir die klassische Kaskadenstruktur gewählt. Die frischen Bohnen werden in die obersten Kisten gefüllt und dann nach einem ganz bestimmten Protokoll in die unteren Kisten gefüllt. Quasi wie ein Wasserfall.
Ganz wichtig ist, dass das Holz der Boxen keinen Eigengeschmack abgibt. Es muss zu 100% Geschmacksneutral sein.
Da die Wärmeentwicklung der Bohnen ein ganz zentrales Kriterium für den Erfolg der Fermentation ist, haben wir unsere Kisten isoliert. Denn die „kalten“ Nächte stören den Prozess (Und kalt bedeutet hier weniger als 25 Grad).
Unser Fermentationsmeister heißt Don Cesario. Er arbeitet schon fast sein ganzes Leben mit Kakao.
Doch mit der Fermentation ist es nicht getan. Nach der Fermentation kommen die Bohen in einen sogenannten Trockentunnel. Hier werden die Bohnen, abhängig von den Aussentemperaturen für einen Zeitraum von 7 bis 14 Tage getrocknet.
Dieser Prozess ist auf die Bohen abgestimmt. Er darf weder zu schnell noch zu langsam geschehen. Zwei mal am Tag wendet der Fermentationsmeister die Bohnen um eine perfekte und gleichmäßige Trocknung zu erzielen. Mit einem Restfeuchte Gehalt von ca. 7% werden die Bohnen dann in Jute Säcke gefüllt und sind bereit für den Transport nach Deutschland.
